Projekt „Fach- und Allgemeindidaktische Gestaltung von inklusiven Lern-Lehr-Prozessen in Bezug auf das Fach Englisch“

  

Kontakt

Projektbereichsleiterin
Dr. Margitta Kuty

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Daniel Rühlow

Aktuelles

Pressemitteilung zur Tagung „EIN Unterricht für alle – (un)planbar? Konzepte für einen inklusiven Unterricht im Diskurs mit Georg Feuser“

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1. Förderphase

(2016 - 2019)

Der Schwerpunkt in der ersten Förderphase lag auf der Konzeption von inklusiven Lehr- und Lernsettings im schulischen Englischunterricht. Ausgehend von Feusers Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand wurden mögliche Potentiale der Aufgabenorientierung, insbesondere des Storyline-Ansatzes, untersucht. Im Zuge des Projekts entstanden in Zusammenarbeit mit verschiedenen Schulen der Region und unter Einbindung von Studierenden Storylines, die in der Orientierungsstufe erprobt und evaluiert wurden. Der Forschungsfokus lag einerseits auf den Reaktionen und Lernprozessen unterschiedlicher Lernender bezogen auf das Setting, andererseits auf dessen Effektivität für die Entwicklung sprachlich-kommunikativer, sozialer und interkultureller Kompetenzen in sehr heterogenen Lerngruppen.  

Veranstaltungen (1. Förderphase)

  • Häcker, Prof. Dr. Thomas/ Heyden, Dr. Franziska/ Grimm, Marlen/ Flint, Prof. Dr. Alfred/ Kempke, Tom/ Rühlow, Daniel/ Kuty, Dr. Margitta (2018): Die Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand – Planung und Gestaltung von Unterricht für heterogene Lerngruppen aus fachdidaktischer Perspektive“, gemeinsamer Workshop der Universitäten Rostock (Schulpädagogik, Biologiedidaktik, Chemiedidaktik)  und Greifswald (Englischdidaktik) des Projektbereichs 3 (Fach- und Allgemeindidaktische Gestaltung von inklusiven Lern-Lehr-Prozessen in heterogenen Lerngruppen) der Qualitätsoffensive Lehrerbildung beim zweiten Programm-Workshop des Themenfeldes „Heterogenität und Inklusion“ zum Thema „Inklusionsorientierung in der Lehrerbildung als Impuls für Entwicklungsprozesse in Hochschulen“ an der TU Dortmund (20.02.2018).
  • Rühlow, Daniel (2018): „Language is our ‚common ground‘- Beispiele für gemeinsames und ganzheitliches Englischlernen in inklusiven Lehr- und Lern-Settings“, Workshop auf dem 33. Fremdsprachentag des FMF in Rostock (08.09.2018).
  • Kuty, Dr. Margitta/ Rühlow, Daniel (2018): „Fachdidaktische Gleitsicht durch Forschendes Lernen entwickeln“, Workshop beim Tag des Forschenden Lernens des ZLB in Rostock (05.10.2018).  
  • Rühlow, Daniel (2018): „Words… don’t come easy? – Effekte ganzheitlicher Lehr- und Lernsettings auf das Sprechen im Englischunterricht in inklusiven Lerngruppen“, Vortrag auf der IEGLL-Tagung an der Leuphana Universität Lüneburg (20.09.2018).

Fragen und Antworten (1. Förderphase)

In welchem Spektrum der Auffassungen von Inklusion bewegen wir uns?

Inklusion ist ein multidimensionaler Begriff, der in vielen gesellschaftlichen Bereichen national und international diskutiert wird (vgl. Burwitz-Melzer 2017). Dadurch ergeben sich teils widersprüchliche Auffassungen, bei denen es nicht gelingt, sie in eine allumfassende Definition zu überführen. Generell gehen wir, wie auch Jan Springob (2017:17/18), von der Definition als „universell gültiges menschenrechtliches Prinzip“ (Wahnsing: 2015) aus. Wahnsing verweist dabei außerdem auf die Zielsetzung, ein autonomes Leben für alle Menschen über eine grundlegende Gleichberechtigung zu realisieren (vgl. ebd.). Hierbei stehen vor dem Hintergrund der Chancengleichheit für uns nicht nur Behinderungen im Vordergrund (enger Inklusionssbegriff), sondern alle Aspekte aller Menschen, zwischen denen es zu differenzieren gilt (erweiterter Inklusionsbegriff, analytische Ebene der Diversität nach Blell 2017), kurzum eine allumfassende und multiperspektivische Heterogenität (vgl. Springob 2017:18, vgl. Rohde 2014:9) und innewohnende individuelle Vielfalt, die es pädagogisch zu wertschätzen gilt ( normative Ebene der Diversität nach Blell 2017).

Literatur:

  • Blell, Gabriele: Heterogenität, Diversität und Inklusion im Kontext des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen. In: Eva Burwitz-Melzer/ Frank G. Königs/ Claudia Riemer/ Lars Schmelter (Hgg.) (2017): Inklusion, Diversität und das Lehren und Lernen fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 37. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 21‒30. 
  • Burwitz-Melzer, Eva: 'Same same but different': Inklusion, Heterogenität und Diversität im Englischunterricht. In:  Eva Burwitz-Melzer/ Frank G. Königs/ Claudia Riemer/ Lars Schmelter (Hgg.) (2017): Inklusion, Diversität und das Lehren und Lernen fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 37. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr Francke Attempto, S 31‒42. 
  • Wahnsing, Gudrun (2015): Was bedeutet Inklusion? Annäherung an einen vielschichtigen Begriff, In: Degener, Theresia/ Diehl, Elke (Hgg.): Handbuch Behindertenrechtskonvention. Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe. Bonn: bpb, S. 43‒54.
  • Rohde, Andreas (2014): Didaktische Überlegungen zum inklusiven Englischunterricht, In: Bartosch/ Rohde (Hgg.): Im Dialog der Disziplinen, S. 9‒23. 
  • Springob, Jan (2017): Inklusiver Englischunterricht am Gymnasium. Evidenz aus der Schulpraxis im Spiegel der Erwerbstheorie und Fredmsprachendidaktik. Frankfurt a.M.: Peter Lang.
Wo ist die Verbindung von Englischunterricht und Inklusion?

Fremdsprachen sind seit jeher Bereiche des Lernens, bei denen ein hohes Differenzierungspotential besteht. Da wir uns jedoch nicht an Defiziten orientieren, sondern die Anerkennung von Differenzen/individuelle Einzigartigkeiten in den Fokus nehmen, ist dieses Potential gleichermaßen auch der große Vorteil des Fremdsprachenlernens.

Der Englischunterricht konfrontiert Lernende nicht nur mit sprachlichen Aspekten, sondern auch mit inter- bzw. transkulturellen Themen. Er wirft Fragen auf, zu deren Beantwortung alle am Lehr- und Lernprozess Beteiligten sich auf verschiedenen Ebenen mit dem Eigenen und Fremden in Wechselwirkung auseinandersetzen können. 

Kommunikation hat hierbei einen hohen Stellenwert (vgl. Bredella 2008, Legutke 2008). In den vielfältigen an sie geknüpften Sozialformen, Aufgabenformaten und thematischen Klammern erlaubt sie es u.a. jene individuellen Interessen, Bewältigungsstrategien und persönlichen Haltungen zu entwickeln. Das Gelernte daraufhin zu vertiefen, im interindividuellen Austausch zu erproben, gezielt anzuwenden, umzuwälzen und zu festigen ist Zielsetzung eines modernen schülerzentrierten und handlungsorientierten Englischunterricht (vgl. Bach/Timm 2009). eine Auseinandersetzung mit den Bezugswissenschaften der Fremdsprachendidaktik (vgl. Böttger 2005: 16f, Haß 2016: 14) und eine Öffnung des Englischunterrichts rücken die Lernerautonomie  ins Zentrum und lassen „größere Freiheiten“ für Inhalt und Verlauf dieser Vorhaben (Böttger 2005: 17)

Literatur:

  • Gerhard Bach, Johannes-Peter Timm (Hgg.) (2009): Englischunterricht. Tübingen: Narr Francke.
  • Legutke, Michael K.: Kommunikative Kompetenz: Von der Übungstypologie für kommunikativen Englischunterricht zur Szenariendidaktik. In.: Michael K. Legutke (Hg.) (2008): Kommunikative Kompetenz als fremdsprachendidaktische Vision. Tübingen: Narr Francke, S. 15‒42.
  • Bredella, Lothar: Hans-Eberhard Piephos Konzept der kommunikativen Kompetenz: Eine Herausforderung für die Fremdsprachendidaktik. In.: Michael K. Legutke (Hg.) (2008): Kommunikative Kompetenz als fremdsprachendidaktische Vision. Tübingen: Narr Francke, S. 43‒63.
  • Böttger, Heiner (2005): Einführung in die Didaktik der englischen Sprache. Tönning: Der Andere Verlag.
  • Haß, Frank (Hg.) (2016): Fachdidaktik Englisch. Tradition. Innovation. Praxis. Stuttgart: Klett.
Wie hängen Gemeinsamer Gegenstand, Englischlernen und Inklusion zusammen?

Philosophisch geprägte Alteritätstheorien von Gadamer über Antor bis Byram zeigen den hohen Stellenwert des Umgangs mit dem Anderen – dem anderen Menschen und der anderen Sprache/Kultur. Dieses dialogische Prinzip (vgl. Buber 1999) wird in der Erweiterung des Buber-Zitats „Der Mensch wird am DU zum Ich“ in „Der Mensch wird zu dem Ich, dessen DU wir ihm sind.“ (Feuser 1999) besonders deutlich. Unterrichtliche Kooperationen und Individualisierungen können über innere Differenzierungsaspekte und gezielte methodische Zugänge (handlungs- und produktionsorientierte Verfahren) so verbunden werden, dass ein Gemeinsamer Gegenstand (Feuser 1999) orientierungsgebender Dreh- und Angelpunkt für den individuellen und gemeinsamen Dialog mit dem Englischen werden kann. Dieser Gemeinsame Gegenstand kann das sein, was die Sprache in ihren Realisationsformen (mündlich, schriftlich, medial) im Kontinuum von Prozessen und Produkten zu evozieren vermag. Das Wortschatzlernen, welches essentiell für das Erlernen einer Fremdsprache ist, bildet gleichsam den Kern dieses Kontinuums.

Wenn der Dialog mit der Fremdsprache (individuelle Auseinandersetzung mit dem Sprache und Kultur der englischsprachigen Welt) und der Dialog zwischen Fremdsprachenlernern (gemeinsame Auseinandersetzung mit sprachlich-kulturellen Verbindungslinien des Englischen in unserer Lebenswelt) gleichermaßen berücksichtigt werden, dann befinden wir uns in einem inklusiven Lehr- und Lernsetting.

Ganzheitliche Lernformate, offenere Fragestellungen und Unterstützungsmaterial können mitsamt eines für alle transparenten Unterrichtsmodells die grundlegende Orientierung bieten. Von dieser Basis aus können Kooperationen und Individualisierungen in Form von schülergerechten Sozialformwechseln, zielkonformen Aufgabenformaten und variationsreichen Produkten und Präsentationsarten effektiv eingesetzt werden. 

Literatur:

  • Buber, Martin (1999): Das dialogische Prinzip: Ich und Du. Zwiesprache. Die Frage an den Einzelnen. Elemente des Zwischenmenschlichen. Zur Geschichte des dialogischen Prinzips. Gütersloher Verlagshaus.
  • Feuser, Georg (1999): Integration – eine Frage der Didaktik einer Allgemeinen Pädagogik. In: Behinderte 1/1999, S. 39‒48.
Welche Kooperationen gibt es?

Innerhalb des Projekts fanden verschiedene Erhebungen an insgesamt vier Schulen in Mecklenburg-Vorpommern statt:

  • Schulzentrum – Klassenstufe 6 mit n=48 SchülerInnen,
  • Integrierte Gesamtschule – Klassenstufe 5 mit n=17 SchülerInnen
  • Regionalschule – Klassenstufe 6 mit n =26 SchülerInnen
  • Gymnasium – Klassenstufe 5 mit n = 19 SchülerInnen

Kooperationspartner sind sowohl die Englischlehrkräfte und unterstützenden Pädagogen der jeweiligen Klassen als auch die Lehramtsstudierenden des Faches Englisch an der Universität Greifswald. 

Von den insgesamt 110 SchülerInnen sind 12 (n = 6 Schüler, n= 6 SchülerInnen) in der Untersuchung (maximale Variationsbreite) besonders betrachtet worden. Im Rahmen der fachdidaktischen Seminare an der Universität Greifswald sind 53 Studierende eingebunden worden. Diese unterrichteten (n=24), unterstützten (n=4) und beobachteten gezielt (n=25).

Wie wird das Forschungsprojekt umgesetzt und welche Akteure nutzen welche Instrumente?

Das Forschungsvorgehen ist triangulär ausgerichtet. Lernende, Lehrende und Studierende sind hierbei gleichermaßen eingebunden.

Das Forschungsprojekt ist außerdem eng an die schulpraktischen Studien (SPÜs) und Hauptseminare der Lehramtsstudierenden des Faches Englisch gebunden. Innerhalb der SPÜs erproben die Studierenden je Schule/Klasse im Co-/Team-Teaching in einer thematisch zusammenhängenden Einheit (12 Unterrichtsstunden) ganzheitliche Methoden (Storyline, Task) in heterogenen Klassen. Studierende eines fachdidaktischen Hauptseminars führen währenddessen Schülerbeobachtungen durch. 

LERNENDE

Fragebögen: Es sind zwei Fragebögen entwickelt worden:

  • Ein vor der Unterrichtseinheit durchgeführter Fragebogen erfasst die individuellen Voraussetzungen der Lernenden (lernbiografische und interessenorientierte Aspekte) und gibt außerdem Freiraum zur Reflexion der sprachlich-funktionalen Kompetenzen und dem Wortschatz (Lernstrategien, individueller thematisch vorgreifender Wortschatz) mit dem Fokus auf das Sprechen. 
  • Im zweiten nachgestellten Fragebogen werden die Inhalte des gewesenen Unterrichts aufgegriffen. Die Lernenden können hier über Sozialformen, Aufgabentypen und Unterrichtssprache reflektieren. Auch die sprachlich-funktionalen Kompetenzen und das Themenfeld Wortschatz sind verankert. Dieser  ist nach 4-8 Wochen durchgeführt worden, um das zentral Nachhaltige valide erfassen zu können. 

Portfolios: Die Schülerportfolios sind eine Mischform aus Reflexions- und Dokumentationsportfolio. Sie begleiten die Lernenden die 12 Unterrichtsstunden über. Darin können die Lernenden sowohl dokumentieren, an welchen Inhalten/Aufgaben sie in welcher Sozialform und wie lange gearbeitet haben. Im Reflexionsteil können die Lernenden schließlich über diese Aufgaben und Inhalte reflektieren. 

STUDIERENDE

Unterrichtende Studierende

Beobachtung: Den unterrichtenden Studierenden stand im Zuge ihrer drei Hospitationen in den betreffenden Klassen vor dem eigenständigen Unterricht ein Portfolio zur Verfügung. In diesem konnten sie ihre Beobachtungen bündeln. Die Strukturierung erfolgte über ein Beobachtungsprotokoll. Die Perspektive der drei Hospitationen reichte von einem globalen Blick, über die Lerngruppe(n), bis zum individuellen Lernenden und umfasste außerdem jeweils spezifische Unterpunkte. 

Beobachtende Studierende

Beobachtung: Die gezielte Schülerbeobachtung ist offen, teilnehmend und strukturiert und erstreckte sich über eine Zeitspanne von 12 Unterrichtsstunden bzw. je nach Schulstrukturen 6 Unterrichtsblöcke oder drei bis vier Unterrichtstage. Je zwei bzw. mitunter auch drei Studierende beobachteten einen Schüler/eine Schülerin. Die Strukturierung erfolgt durch ein Beobachtungsprotokoll und eine Begleitdokumentation zu gesonderten forschungsspezifischen Schwerpunkten (Wortschatz und Unterstützung). 

LEHRENDE

Interviews: Mit Lehrkräften und unterstützenden Pädagogen sind Interviews anhand von Fallvignetten geführt wurden, um Informationen über die Einstellungen gegenüber inklusiven Lehr- und Lernsettings zu erhalten. Ferner ging es auch darum, Einblicke in konkrete schulische, individuelle Methoden und Erfahrungen im Umgang mit Heterogenität zu gewinnen. 

Beobachtung: Die Beobachtung der Lehrenden wird durch ein weniger strukturiertes Portfolioformat erfasst, da sich der Blick hier auf die Klein- oder Lerngruppe richtet. Innerhalb der Unterrichtsreihe sind drei Zeitpunkte (nach etwa vier Schulstunden) angegeben, an denen die Lehrenden ihre gewonnenen Eindrücke in einem vorgegebenen Raster bündeln können. Daneben gibt es genug Raum für fortlaufende Notizen.

Ergebnisüberblick (1. Förderphase)

Ausgehend von einer wachsenden Heterogenität aller am Bildungsprozess Beteiligten widmet sich das Projekt den daran gebundenen Fragen nach der Gestaltung eines inklusiven (heterogenitätssensiblen) Englischunterrichts. Wie ist eine solche maximale Heterogenität Englischlernender forschungstechnisch erfassbar? Welche theoretischen Denkschritte erweisen sich als essentiell, um herauszufinden, welche praktischen Schritte nötig sind, um einen Englischunterricht so zu gestalten, dass er auf Heterogenität sensibel reagiert und sie gleichsam fruchtbar einzubinden, zu fordern und zu fördern versteht?

Leitender Gedanke war die Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand (Georg Feuser), die die oben ausgeworfene Gestaltungsfrage nach einem inklusiven Unterricht aus einer allgemeindidaktischen Perspektive beleuchtet. Im Verlaufe des Projekts entstanden daraufhin vier Unterrichtsreihen für die Orientierungsstufe (5. Und 6. Klasse), die auf ausgewählten Elementen der handlungsorientierten und ganzheitlichen Methode Storyline (offene Fragestellungen, Wandfries, multimodale Aufgabenformate) basieren. Begleitet wurde die schüler*innenzentrierte Forschung durch Fragebögen, gezielte Beobachtung Lernender und die Erfassung von Daten über lernbegleitende Portfolios.

Das vorliegende Dokument sowie die dazugehörigen vertiefenden sowie exemplifizierenden Anhänge gewähren einen subsummierenden Einblick in den Werdegang des Projekts. Grundlegende Überlegungen, Prozesse des Generierens von Unterrichtsmodellen sowie Ergebnisse und Erkenntnisse mit Auswirkung auf die pädagogische und fachdidaktische Gestaltung inklusiver Lehr- und Lernsettings werden kondensiert dargestellt. Den Abschluss bilden Ergebnisse einer Praxis- und Theorie verzahnenden Vernetzungsveranstaltung mit beteiligten sowie interessierten Akteur*innen und ein Ausblick auf das Folgeprojekt der zweiten Förderphase.

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2. Förderphase

(2019 - 2022)

In der zweiten Förderphase liegt der Fokus auf der nachhaltigen Implementierung der Erkenntnisse in die (vorwiegend) erste Phase der Lehreramtsausbildung. Ausgehend von Planungsbedarfen und vorhandenen Kompetenzen von Lehramtsstudierenden bei der Konzeption von Englischunterricht allgemein gilt es, praktikable und praxisnahe Planungshilfen zu konzipieren, zu erproben und zu evaluieren, die in besonderer Weise geeignet sind, Englischunterricht zu konzipieren, in dem die Vielfalt der Lernzugänge positiv entfaltet werden kann. Zu diesem Zweck werden verschiedene Seminarformate erprobt und beforscht. In diesen setzen sich Studierende multimethodisch mit essentiellen Planungsaspekten systematisch-global und akzentuiert-vertieft mit Rückgriff auf Feusers Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand auseinander.

Veranstaltungen (2. Förderphase):

  • Digitale Expert*innenrunde mit Prof.in Dr.in Ada Sasse im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (19.11.2020).
  • Rühlow, Daniel: „Planungshilfen für den inklusiven Englischunterricht (und die Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand)“, Impulsvortrag beim Netzwerktreffen Inklusiver Englischunterricht (09.03.2021).
  • Kuty, Margitta/ Rühlow, Daniel: How to Build Bridges – die Arbeit am Gemeinsamen Gegenstand im gemeinsamen Fremdsprachenunterricht umsetzen: Modelle, Materialien, Perspektiven, digitale Fortbildung beim Schulkongress M-V LERNdialoge, Lernfeld B – Gute Pädagogik ermöglicht LERNEN – Lernvoraussetzungen proaktiv schaffen und erhalten (24.03.2021).
  • Digitale Expert*innenrunde mit Prof.in Dr.in Silvia Greiten im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (25.03.2021).
  • Granzow, Stefanie/ Rühlow, Daniel: Auf der Suche nach dem Gemeinsamen Gegenstand, dialogischer Vortrag bei der Tagung EIN Unterricht für alle – (un)planbar? Konzepte für einen inklusiven Unterricht im Diskurs mit Georg Feuser (06.05.2021), Link zur Tagungswebsite und zum Abstract: https://www.isb.uni-rostock.de/tagung-ein-unterricht-fuer-alle/ein-unterricht-fuer-alle/.

Dokumente (2. Förderphase)

Inhalt folgt.

Fragen und Antworten (2. Förderphase)

Was sind Fragen, die uns in der zweiten Förderphase bewegen?

Inklusiver Englischunterricht ist immer auch guter Englischunterricht, doch nicht jeder gute Unterricht ist zugleich auch automatisch inklusiv. Ausgehend von der grundsätzlichen Fragestellung der ersten Förderphase (wie das Lernen am Gemeinsamen Gegenstand im Englischunterricht umsetzbar ist), erweitert sich das Forschungsfeld in der zweiten Förderphase um folgende nun konkret planungsbezogenen Fragen:

Welche Bedarfe haben Lehramtsstudierende des Faches Englisch bei der Planung inklusiven Englischunterrichts?

Welches planungsbezogene Wissen und Können benötigen Sie?

Welche Planungsmodelle bieten sich an, um Englischstudierende für die Planung inklusiven Englischunterrichts zu sensibilisieren, zu öffnen und zu befähigen?

In welchen Seminarsettings kann die Planung inklusiven Englischunterrichts vermittelt werden?

Was ist das Ziel?

Es ergeben sich für die zweite Förderphase mehrere Ziele, die an die weiter oben aufgefächerten Forschungsfragen gebunden sind. Zum einen werden unterschiedliche Seminarkonzepte erstellt, durchgeführt und dahingehend untersucht, inwieweit sie sich eignen, um (zentrale) Bedarfe der Lehramtsstudierenden vertiefend aufzufangen und sodann auch essenzielle Wissens- und Könnenskomponenten rund um den inklusiven Englischunterricht hochschuldidaktisch zu vermitteln.

Zum anderen sollen heterogenitätssensible Planungshilfen generiert werden, die für die Zielgruppen Studierende, Referendar*innen und (Jung-)Lehrer*innen von Nutzen sind. Diese Planungshilfen setzen sich aus den Erfahrungen, Erkenntnissen und Praxisbeispielen der Seminare und Seminarleistungen zusammen. Die Planungshilfen fokussieren hierbei das UDL als ein wenig bekanntes heterogenitätssensibles Planungsmodell und ergänzen es um Erklärungen, Praxisempfehlungen, hilfreiche Lektüre und Links sowie um Anwendungsbeispiele von der Unterrichtsidee (Skizze), über die Planung einer Doppelstunde (Unterrichtsstunde) hin zur Planung einer ganzen Unterrichtsreihe (Unit). Angereichert werden diese globalen Planungshilfen mit akzentuierten Bausteinen, die sich besonderen planungs- und inklusionsbezogenen Schwerpunkten widmen.

Welche Planungsmodelle werden in der zweiten Förderphase in das Zentrum gerückt?

Ins Zentrum des Interesses rücken verschiedene Planungsmodelle, die sich für den inklusiven Englischunterricht anbieten. Diese müssen nicht zwangsläufig in einer ‚künstlich‘ herbeigeführten Konkurrenz zu etablierten und auch alternativen bzw. auch konkret-methodisch gebundenen Planungswegenstehen. Vielmehr sind es die Verbindungen und gegenseitigen fruchtbaren Ergänzungen, die vordergründig behandelt werden. Schließlich sind Planungsmodelle im Grundsatz stets interpetier- und adaptierbare Modelle, die – als solche erkannt, erprobt und fundamental durchdrungen – flexiblere Curricula erlauben können.

Neben traditionellen Planungsschritten (Analyse-Vierschritt) und der ‚Planung von innen‘ (nach Bob Blume, weitere Infos hierzu unter: https://bobblume.de/2017/11/02/unterricht-eine-unterrichtsstunde-planen/ sowie zur Planung mit der „Lernschleife“ unter: https://bobblume.de/2020/02/08/unterricht-unterricht-vorbereiten-mit-der-lernschleife/) sind insbesondere folgende Planungsmodelle erprobt worden:

Welche Seminare sind bisher durchgeführt worden?

Lesson Planning WS 2019/2020

Life-World-Relevance: planning lessons for various learners SoSe 2020

A Key to Empathy in ELT? Dealing with literature in many ways WiSe 2020/2021

Essentials of Inclusive ELT SoSe 2021

Erste Ergebnisse (2. Förderphase)

Zum Aspekt Bedarfsanalyse der Planungskompetenz:

Studierende zeigen Bedarfe bei den Planungsthemen Motivation, Unterrichtsgegenstand, Setting und Methodenvielfalt/-tiefe, Fordern und Fördern sowie der Aufgabengestaltung. Die adäquate Formulierung von Unterrichtszielen und die Bestimmung von Kompetenzen und Teilkompetenzen sowie die Entwicklung hinreichend komplexer Aufgaben- und Lernsettings bestätigen sich als archetypische Knackpunkte der Unterrichtsplanung.

Zum Aspekt inklusionsbezogenes Wissen und Können:

Die Notwendigkeit, allgemeines und fachspezifisches Inklusionswissen zu erwerben, wurde von Lehramtsstudierenden des Regionalen wie Gymnasialen Lehramts hervorgehoben. Ein inklusives Mindset, das einem weiten Inklusionsverständnis folgt, wird somit zum Kern einer zeitgemäßen, humanitären Lehrphilosophie. Das Wissen um Inklusion und Differenzierungskategorien ist dabei genauso wichtig wie die praktische Anwendung des Wissens im Kreislauf von Planung, Durchführung und Reflexion.

Studierende entwickeln über die kooperative Planung größerer heterogenitätssensibler Unterrichtsvorhaben eine didaktische Gleitsicht (d.h. den globalen planungsbezogenen Blick auf die heterogene Lerngruppe und den akzentuierten Blick auf individuelle Lernende mit Differenzkategorien simultan zu vollziehen). Dieses komplexere Planungsvorgehen ist nicht von Planungsschwierigkeiten befreit (speziell unter den Voraussetzungen des universitären und schulischen Distanz- bzw. Hybridlernens).

Zum Aspekt Planungsmodelle und Planungshilfen:

Aus diesen exemplarischen Befunden erwachsen nun die Bedarfe an konkreten Wissensbedarfen, seminaristischen Vermittlung- und Übungs-Formaten und praktikablen und flexiblen Planungshilfen/-modellen für inklusive Lehr-Lernsettings.

Die Komplexe Kompetenzaufgabe und das UDL haben sich hierbei als nützliche Planungswege herauskristallisiert. Obwohl die Komplexe Kompetenzaufgabe zwar ein fremdsprachenspezifisches und gut vorstrukturiertes Planungsmodell ist, das sich basal durch Lebensweltbezüglichkeit, zielgerichtete interaktionale Sprachhandlungen und situative Lernnotwendigkeiten auszeichnet, ist es hinsichtlich maximaler heterogener Lerngruppen nicht vollumfänglich nutzbar. In Kombination mit dem UDL kann die Komplexe Kompetenzaufgabe heterogenitätssensible Potenziale entfalten, die über die reine erzeugungsdidaktische Kompetenz- und Produkt-Orientierung hinausgehen.  Das Universal Design for Learning (UDL) eignet sich dafür, ein Bewusstsein für die konzeptionelle Einbindung möglichst vielfältiger Zugänge zu schaffen und ein lehrprofessionsbezogenes Vielfältigkeits-Mindset bereits für die Planung inklusiven Englischunterrichts herauszubilden. Innerhalb der Planung von Unterricht (z.B. einer Task oder eines geöffneten Settings mittels unterrichtstrukturierender Methoden wie der Storyline oder des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts) ebnet das UDL den Weg, um ermöglichungsdidaktische Entscheidungen zu treffen. Diese können die Zugänge aller Lernenden zum Lerngegenstand, zu den damit verbundenen Lernprodukten, vor allem aber zu individuellen Lernprozessen gewährleisten, sodass ein Lernen am Gemeinsamen Gegenstand auch im Englischunterricht realisierbar werden kann. Das UDL ist jedoch in sich ein komplexes Modell, das einer für die Unterrichtsplanung praktikablen Verschlankung bzw. fremdsprachendidaktischen Konkretisierung bedarf. Hieran wird intensiv gearbeitet.

Zum Aspekt Seminarsettings:

Konzeptionelle und praktische Kooperationen mit Lehrkräften mitsamt ihren jeweiligen Klassen bilden diesbezüglich in Form multiprofessioneller kooperativer Unterrichtsplanung essenzielle Übungsformate. Dieses seminaristische  Lernsetting zur Herausbildung der Planungskompetenz zeigt sich zudem als unabdingbare Basis für die Anwendung und Reflexion bestehender heterogenitätssensibler Planungskenntnisse, -einstellung und -fertigkeiten sowie zur Erweiterung des fremdsprachendidaktischen Wissens, Könnens und zur Herausbildung eines inklusiven Mindsets. Seminarsettings erfordern daher:

  • eine thematisch breite Rahmung, unter der die vielfältigen Bedarfe und Notwendigkeiten entfaltbar und vermittelbar, aber auch bündelbar werden (Wissensbreite).
  • kooperative Planungsmomente/-übungen (Entfaltung der Wissen- und Könnensbreite in multiprofessioneller Zusammenarbeit)
  • individuelle Planungsmomente und Verantwortlichkeiten (Entfaltung der Wissens- und Könnenstiefe).
  • daran gebundene förderliche individuelle und gruppenbezogene Leistungsnachweise, die zugleich Wertschätzungen der komplexen Planungsaufgabe sind.
  • die hochschuldidaktische Lehrphilosophie, dass Planung heterogenitätssensiblen Unterrichts ein komplexes Unterfangen und damit per se selbst eine komplexe Planungs-Kompetenzaufgabe darstellt, bei der die auf dem Weg zum Planungsprodukt erworbenen und stets reflektierbaren Kenntnisse und Fertigkeiten im Vordergrund stehen.