Übersetzung ausgewählter Briefe von Caspar David Friedrich und seiner Frau Caroline (Bommer) Friedrich
Ein Übersetzungsprojekt
von Joe Baierl, Kristine Mamiza Mayenge und Kathleen Rothbart
Im Rahmen eines Projektseminars wurden im Laufe des Sommersemesters 2024 ca. 30 ausgewählte Briefe Caspar David Friedrichs von Joe Baierl, Kristine Mamiza Mayenge und Kathleen Rothbart ins Englische übersetzt. Die Auswahl wird über diese Seite - dafür ggf zur englischen Ansicht wechseln - open access zur Verfügung gestellt.
Der Hauptteil der ausgewählten Briefe ist heute Teil des Bestands des Pommerschen Landesmuseums, ermöglicht wurde der Ankauf 2014 durch die Hermann Reemtsma Stiftung. Wir bedanken uns für die Bereitstellung und ggf. die Genehmigung, auch Scans der Originalbriefe zeigen zu dürfen. Weitere Briefe werden von der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek in der Deutschen Fotothek zur Verfügung gestellt.
Besonderer Dank geht an Henriette Maxin vom Pommerschen Landesmuseum für die Erläuterungen zu den "Lebenslinien" Friedrichs und die freundliche Bereitschaft, eigene Forschungsergebnisse zur Familie Friedrichs mit uns zu teilen, sowie an Christopher Gray und Aidan Meehan für ihre großzügige Unterstützung bei den Übersetzungen. Alle verbleibenden Fehler sind unsere eigenen.
Die deutschen Transkriptionen (erstellt mit Hlife der Softare Transkribus) werden in Kürze ebenfalls bereit gestellt.
© 2024. This work is openly licensed via CC BY-NC-SA 4.0
Kontakt: Mascha Hansen
Die Briefe in Transkription
Zu den Übersetzungen geht es hier. Die Transkriptionen werden nur auf der deutschen Seite zur Verfügung gestellt: für einen direkten Vergleich bitte beide Browserfenster (Deutsch und Englisch) nebeneinander stellen.
Die Auswahl beschränkt sich auf Briefe der Jahre 1818-1839 von Caspar David Friedrich und Caroline (Bommer) Friedrich, angefangen mit der Nachricht ihrer Hochzeit. Die Tochter Emma wird 1819 geboren.
Leitlinien der Tanskription
Alle hier neu transkribierten Briefe sind bereits in der Edition von Herrmann Zschoche, Caspar David Friedrich: Die Briefe (Hamburg: Conference Point Verlag, 2. Auflage 2006) zu finden. Die meisten der Briefe, die dort als "in Privatbesitzt" gelistet werden, sind inzwischen im Besitz des Pommerschen Landesmuseums. Herr Zschoche hat sich für eine Lesefassung entschieden und die Briefe annotiert. Ich beschränke mich auf gelegentliche Verweise zu einzelnen Wörtern, die aus dem Niederdeutschen stammen oder inzwischenn ungebräuchlich sind. Die Fassung hier ist weitgehend diplomatisch, "Schreibfehler" werden nicht korrigiert. Allerdings habe auch ich kleine automatische Korrekturen vorgenommen um die Lesbarkeit zu vereinfachen:
ʃ wird zu s
Ÿ zu y
Reduplikationsstriche und Ligaturen werden aufgelöst (m̅ zu mm)
Unterstreichungen werden kursiv gesetzt, Durchstreichungen als solche gekennzeichnet
[...] bedeutet, dass der Text abbricht, verursacht durch ein Loch oder einen Riss im Papier
< > ist eine unsichere Lesart
Ein am Seitenende getrenntes Wort wird in den Briefen mit Anführungszeichen unten verdeutlicht, diese habe ich durch den üblichen Bindestrich erstetzt
Transkriptionsmethode
Die vorliegenen Transkriptionen wurden in einem ersten Schritt mit Hilfe der Software Transkribus erstellt. Da die Anzahl der Briefe nicht ausreichend schien, ein eigenes Modell zu trainieren, habe ich das Modell "The German Giant" verwendet. Die entstandenen Transkriptionen waren zwar lesbar aber nicht fehlerfrei. In mehreren Schritten wurden dann die Buchstaben kontrolliert. Wo ich gar nicht weiterkam, habe ich die Edition von Herrn Zschoche verwendet, die mir sehr geholfen hat; natürlich habe ich meinen Text auch mit dieser früheren Transkription verglichen. An einigen kleinen Stellen weicht meine Transkription ab, z.B. korrigiere ich offensichtliche Fehler (wie "nothig" statt "nöthig") nicht.
Da die Scans wo immer möglich beigefügt wurden, sollten kleine Zweifel schnell ausgeräumt sein.
Alle hier auf Deutsch wiedergegebenen Briefe wurden ausschließlich von Mascha Hansen transkribiert und ausschließlich von Studierenden übersetzt.
Archivbestände und weiterführende Links
Der größte Teil der Briefe stammt aus dem Pommerschen Landesmuseum (PLM). Ein wichtiger Brief wurden uns vom Landesarchiv Greifswald (LG) zu Verfügung gestellt. Weitere Briefe sind bereits von der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) in der Fotothek veröffentlicht worden. Wir danken allen Institutionen herzlich für die Erlaubnis, die Briefe hier bereitstellen zu dürfen. Signaturen und, wo vorhanden, Permalinks werden jeweils angegeben. Die Metadaten können wir hier leider nicht ergänzen.
Und noch der Hinweis: an der Friedrich-Schiller-Universität Jena entsteht gerade unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Grave eine vollständige, kritische und kommentierte Edition der Schriften und Briefe Caspar David Friedrichs. Wir sind nicht Teil des Projekts, bei uns liegt der Schwerpunkt auf den Übersetzungen und der Beziehung von Caspar David und seiner Frau Caroline.
Die ausgewählten Briefe
(werden nach und nach hier ergänzt)
Caspar David Friedrich und Caroline Friedrich an die Verwandten in Greifswald, 28.-29. Januar 1818 (LG)
Hochzeit
Dresden den 28t. Januar 1818
Meinen Brüdern, Verwandten und Bekannten
sei hiemit kund und zuwissen gethan daß ich den
21t Januar früh um die sechste Stunde in der hiesigen
Kreuzkirche mit Caroline Bommern bin getraut worden.
also acht Tage schon Ehemann. Einige Stunden nach
der Trauung ging ich nach Hause in der Absicht an euch
zu schreiben, wurde aber daran verhindert. Und so sind
ganzer acht Tage vergangen und es ist immer nicht ge-
schehen. Wenn ich gleich seit den Tag meiner Trauung
mich schuldig fühle an euch schreiben zu müßen und euch
davon zu benachrichtigen, so haben Wir doch schon längst
auf Briefe von euch gewartet und meine Frau fängt
bereits an unruhig zu werden und hat mich zu wiederholten
malen erinnert zu schreiben; denn auch sie will schreiben
um mit ihren neuen Brüdern bekannter zu werden.
Es ist doch ein schnurrig Ding wenn man eine Frau
hat, schnurrig ist es wenn man eine Wirthschaft hat, sei sie
auch noch so klein, schnurrig ist[ein s gestrichen] mir's wenn meine Frau mir
Mittags zu Tische zu kommen einladet. Und endlich ist es
schnurrig wenn ich jetzt des Abends fein zu Hause bleibe, und
nicht wie sonst im Freien umher laufe. Auch ist es mir
gar schnurrig daß alles was ich jetzt unternehme immer
mit Rücksicht auf meine Frau geschiet und geschehen muß.
[Seite 2]
Schlage ich nur einen Nagel in die Wand so darf er nicht so hoh
sein als ich langen kann; sondern nur so hoch als meine Frau
mit Bequemlichkeit langen kann. Kurz seit sich das Ich in
Wirverwandelt ist gar manches anders geworden. Es wird
mehr gegessen, mehr getrunken, mehr geschlafen, mehr
gelacht, mehr geschäkert, mehr gelepscht[1]. Auch mehr Geld aus-
gegeben und vielleicht werden wir künftig an Sorgen auch
keinen Mangel haben. doch wie es Gott gefällt, der Wille
des Herrn geschehe. Vieles und mancherlei hat sich geändert
seit ich eine Frau habe. Meine alte einfache haußliche Einrichtung
ist in manchen nicht mehr zu erkennen, und es ist mir lieb
daß es jetzt sauberer und netter bei mir aussieht. Nur in
den Raum so ich zu meiner Beschäftigung gebrauche bleibt alles beim Alten.
Übrigens sind Vorhänge vor den Fenstern nothig geworden; Schränke
Tische, Stühle und Lotterbette sind nöthig geworden. Nöthig geworden
sind: Kaffetrommel, Kaffemühle, Kaffetrichter, Kaffesack[2], Kaffe-
kanne, Kaffeetasse alles alles ist nöthig geworden. Koch und
Bratofen ist nothig geworden. Töpfe und Töpfchen, Schüssel
und Schüsselchen, Tiegel und Tiegelchen, alles alles ist nöthig
geworden. Alles hat sich geändert, sonst war mein Spucknap
überall in mein Zimmer jetzt bin ich angewiesen in
kleine dazu eingerichtete Geschirre zu spucken; meine Liebe zur
Reinlichkeit und Nettigkeit fügt sich gern und mit freuden darin.
Der längst bestellte Schreibepult ist fertig und mit
möglichster Sauberkeit gearbeitet, er kostet 56 Thaler und an
den selben Tag und Stunde als ich ihm erhielte, verkaufte ich
[Seite 3]
zwei Bilder wovon ich das eine Bild den Kaufer als ein verfehltes
mithin verdorbens Bild zeigte für 19 Luisdor. Eine Einnahme
die mich umso mehr freute da die Ausgabe von 56 mir jetzt etwas
unnöthig schien; denn früher als ich an meine jetzige Frau dachte
hatte ich den Schreibepult bestellt
[weiter Caroline Friedrich]
Dresden den 29ten Januar 1818.
Lieben Brüder wie leicht würde es mir nicht werden an Ihnen zu
schreiben, wenn ich das Vergnügen hätte Sie alle schon Persöhnlich
zu kennen, so aber ist es immer mehr etwas gezwungenes als wenn
man mit einander spricht, welches; wenn alles nach meines Mannes
Wunsche geht, doch zu den Frühjahr geschehen kann, worauf ich mich
sehr freue. dann wollen wir viel mit einander plautern, was schriftlich
zu weitläufig ist, besonders hätte ich manchmahl große Klagen über
meinen Herrn Gemahl zu führen, ich will Ihn aber nicht bey seinen
lieben Brüdern anklagen, denn ich weis nicht was er von mir schreiben
[Seite 4]
könnte, und mich in Schutz zu nehmen kennen Sie mich noch zu wenig
bis Sie es selbst werden sehen wer recht oder unrecht hat. [durchgestrichenes Wort: <übrigens>]
Ueberdieß haben wir uns bis jetzt doch noch nicht gezanckt. Recht
sehr sehnen wir uns alle beyde nach Briefen aus Pommern, an alle
unbekannter weise rechte herzliche Grüße, das die Briefe Sie alle
reht gesund antreffen möge wünscht
Ihre aufrichtige Schwester
Caroline Friderich
[weiter Caspar David Friedrich]
Gott mit euch lieben Brüder und eure Weiber
und Kinder und der gesammt Familie und den
Bekannten
Euer Bruder
C D F<riedrich>
[1] Herumalbern (DWDS ‘Läppschen’, sich läppisch gebärden,)
https://www.dwds.de/wb/dwb/l%C3%A4ppschen
[2] Kaffeefilter (DWDS)
https://www.dwds.de/wb/dwb/kaffeesack
Landesarchiv Greifswald, Rep. 47 AU 83 001a-006a
Caspar David Friedrich an Christian und Adolf Friedrich, August 1819 (PLM)
Auszug
[Rückseite]
den 30t August Abends um ¼ auf 12 Uhr.
Endlich ist der lange schon erwartete Tag erschienen
diesen Abend um ¼ auf 10 Uhr brachte meine Liena ein
kleines wohlgestaltetes Mägdlein zur Welt. Das
Kind scheind gesund zu seyn; denn es hat schon 12 Mal
genießt. Die Mutter ist gesund. Noch diesen Abend
um 7 Uhr strickte meine Frau. Die Wehen folgten
schnell aufeinander und mochten. wohl heftig seyn
denn die Wochnerinn schrie einige mal so [durchgestichen: h] sehr daß
man es wohl auf der Gaße mag gehört haben. Dennoch
lachte sie mich in de<n> Zwischenraumen an und –
wollte mich troßten statt ich sie. Wenn das Kind
alleweile schliefe und nicht schriehe so würde die Mutter
gewiß auch schlafen. D[..] drei mal hat das Kind
schon Saft bekommen. Drei mal hat die Kleine sich
mit ihren kleinen Armen aus dem Bette frei gemacht.
So weit die Lebensgeschichte der kleinen. [1 Wort unkenntlich <Auch>]
Du mein lieber Bruder Adolf bist hiemit von
mir und meiner Frau zu Gefatter eingeladen, und
mein Schwager wird an deiner statt stehen. Die anderen
Gefattern sind: meine Schwiegermutter und die Frau
des Oheims meiner Caroli<nen>. Alles wird auf
das Einfachste eingerichtet und in einer halben Stunde
denke ich müßen die Gefattern schon wieder zum Hause
hinaus seyn.
Gott sei bei euch allen und mit euch allen
Euer Bruder
F.
[unten auf der Seite, umgedreht]
Herr Kummer und sein Gefährten sind seit vorgestern
Abends 7 Uhr wieder hier angekommen
[am Rand der Seite]
Thue Finelius, und Quisdorpf und wen ihr sonst noch glaubt
Kunde von der glückliche Niederkunft mein Frau <geben>
Caspar David Friedrich an Caroline Friedrich, 6.-7. Juni 1822 (SLUB)
Dresden d. 16t Juni 1822
Liebe Liena
Mit deinem Briefe zugleich erhielt ich heute einen
aus Greifswald den du aber aufbewahren mußt.
Die Ruhe, fast Grabesstille um mich her den ganzen
Tag hindurch thut mir zwar wohl und fördert
meine Arbeiten; aber ich finde daß ich sie schon
entwohnt bin, denn ein Tag wird mir ungeheuer
lang besonders der erste Tag. Übrigens befinde
ich mich wohl und freue mich deines Wohlbefindens
auf dem Lande.
Bei Bommer's bin ich jeden Abend gewesen und
werde auch diesen Abend noch hingehen. Die Lorchen
hat ihre Pauline nach Glaßhütte gebracht und
wird [gestrichen: h] diesen Abend zurück erwartet. Mit der
Mutter ist es noch immer dasselbe und ihre
Kräfte nehmen eher [gestrichen: zu als ab] ab als zu.
So eben hat sich eine Neuigkeit bei mir zugetragen:
Eine Schwalbe kam in meine Mahlerstube geflogen
und konnte sich nicht wieder hinaus finden, in der
Küche griff ich sie und schenkte ihr die Freiheit wieder.
<Es> hat eben 10 geschlagen. Die Mutter befindet sich heute wie
gestern.
Ich hoffe daß du nicht versäumen wirst dich täglich
[Rückseite]
zu baden, da du jetzt die schönste Gelegenheit dazu hast,
es verstehet sich daß es nicht mit vollen Magen
geschehen muß.
Die Frau Ha<s>e so ich diesen Abend vor den Donaischen
Schlag gesprochen habe läßt dich grüßen.
den 7t Guten Morgen! Diesen Morgen bin ich schon schlag
4 Uhr von hause gegangen, und nachdem ich eine
Stunde umher <stazert>[1] habe ich mich gebadet
und jeden Augenblick erwarte ich die Döringen.
Leb wohl sammt der Emma. grüße
Kerstings und die Tante.
C <Fridrich>
[1] Zschoche liest spazi[e]rt, aber ein p ist nicht zu erkennen. (Die Briefe, S. 166)
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: Mscr.Dresd.t,1099
Permalink:
http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90119623
Caspar David Friedrich an Caroline Friedrich, 10.-11. Juli 1822 (SLUB)
Dresden, den 10t Juli 1822
Liebe Liene
Wenn ich dir alles und jedes genau und umständ-
lich beschreiben wollte, was den lieben langen Tag
hinduch um mich her geschehe und gesprochen würde, wie
Du es gethan, liebe Liene; dann erhieltest du
Ein<en> großen[1] Bogen unbeschriebenes Papier
als Brief von mir. Alles ist Stille[2] ––
stille –– stille um mich her; diese Stille
thut mir zwar wohl, aber immer möchte ich
sie nicht in einen so hohen Grade um mich
haben. Allein genieße ich mein Frühstück, (<Wilhelm>
trinkt seit einigen Tagen Thee zu hause) allein ver-
zehre ich mein Mittagsessen; allein mein
Abendbrod – Ich gehe aus einer Stube, aus einer
Kammer in die Andere allein und immer allein;
es thut mir wohl aber immer mögte ich es
nicht so haben. Die Abende gehe ich aus über
Feld und Fluhr, den blauen Himmel über
mir um und neben mir grüne Saat grüne
Bäume und bin [gestrichen: 1 Buchstabe] nicht allein; denn der
so Himmel und Erde schuf ist um mich und
seine Liebe schützet mich, und seine Liebe
schütze auch dich und auch alle im Dörfchen.
Als das Wetter am Sonnabend aufzog
war ich recht besorgt um dich, habe <mi>ch aber
[zwei Zeilen am linken Rand]
Eben ist h Uhlemann hier gewesen. Und hat ein Loos der Gothaischen Lotterie gebracht
es[3] ist bereits die vierte Ziehung –- welch eine Nachlässigkeit!
[Rückseite]
gefreut daß ihr es auf dem Schiffe so glücklich
und ohne große Augst überstanden habt.
Im großen Garten ist ein nicht unbedeuten der
Fleck Graß weggebrand nicht etwa von der
Sonne sondern von Feuer; von Strählen ist man
mit Spritzen gekommen um es zu lössen.
Ich bin gesund und guter Dinge, sei du es
auch und bade dich und die Emma fleißig und
schreibe bald und oft.
Unsere Tauben brüten fleißig jedoch weniger das
Weibchen als das Männchen
Heute ist das Bier gekommen und die Wäsche[4]
ist da gewesen.
Bald hätte ich die Hauptsache vergessen. Zu
deinen Geburthstage werde ich nicht in Meißen
sein – und die Sandtörtchen wollen wir lieber bis
zu einer andern Zeit aufschieben. Die Natur bietet
jetzt so viele Leckereien dar daß man, wie ich glaube
füglich die gekünstelten Leckereien entbehren
kann, die ohne dies nur den Magen verderben.
den 11t Das Erste was ich diesen Morgen gethan habe ist: das ich einen
jungen angehenden Menschenquäler, einen Floh, ermordet
habe. –– Unser Wirth den ich gestern besuchte leidet noch
immer an den Augen. –– v Kügelgens reisen diesen Morgen
in aller Stille ohne von jemanden Abschied nehmen zu wollen
von hier. ––
In der Nähe vom Rampischen Schlag x
[am linken Rand]
x haben Schnitter in diesen Tagen einen nackten erschlagenen Menschen
Gefunden im Getreide ––
[1] “ein großes” geändert zur “einen großen”
[2] Kleines "s" gestrichen und überschrieben zu "S".
[3] "ist" überschrieben zu "es"
[4] Zschoche liest “Wäschfrau”
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: Mscr.Dresd.t,1100
Permalink:
Caspar David Friedrich an Caroline Friedrich, 12.-13. Juli 1822 (SLUB)
Dresden den 12 Juli 1822
heu<t>[1]
Abend
Liebe Liene! <1 uh>
Gestern und heute hab ich wacker darauf loß
gepinselt an meinen großen Bilde und dieses
dich nicht auf den Sonntag besuchen zu können.
Da ich dich nicht in Person begrüßen kann,
liebe Liene, so nim meinen Glückwunsch schriftlich
an: der Himmel gebe dir was zu deinen Frieden
dienet, in diesem Wunsche ist alles begriffen
das dir dienlich ist und gut; dahin zähle ich
aber keine Sandtörtchen, keine Spitzenhauben, keine
<Grodtenebel> Kleider und dergleichen. Sei aber nicht
traurig daß du für dieses Mal keine Lekereien
erhältst; sondern trößte dich auf die rauhen Winter
Abende wenn ich mit Eißzapfen im Barte werde
heim kommen, dann untersuche mitunter meine
Taschen, aber nicht zu oft, wenn du nicht ver-
gebens dich bemüht haben willst.
Wilhelm mit den ich gestern Abend Lustwan-
delte sagte: daß er dich vielleicht einmal besuchen
würde da ich jetzt nicht könnte.
Die Butterköpfe sind besorgt aber die
Bothenfrau hat sie nur durch vieles Zureden
mitgenommen.
den 13t Guten Morgen! liebe Line! Damit du nicht so
ganz leer ausgehest und eine Freude habst zu
deinen Geburthstage, so gieb einen vorübergehenden
Bedürftigen, oder wenn du sonst schon <jemanden>[2]
[Rückseite]
kennest 1 Thaler und freue dich seiner Freude.
Daß ist denn eine Freude wobei der Gaumen<zwar>
nichts empfindet, aber der innere Mensch ge-
winnt.
Gehabe dich wohl, liebe Liene, und grüße die
Emma und Kerstings und die Tante, und
setze je keinen Tag aus dich zu baden.
Gestern hat Wilhelm ausgerechnet wie viel
[durchgestrichen: S] Dachziegel auf dem Maltzhause in unse[...]
Hofe liegen 51800 Ziegel ––
Gestern Nachmittag hat es hier etwas geregnet
und diese Nacht soll es stark geregnet haben.
Dein
F
[1] “heu<t> Abend 1 <uh>” ist zwischen Datum und hinter die Anrede geschrieben
[2] Zschoche liest “jemanden”, das Wort ist verschmiert.
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: Mscr.Dresd.t,1101
Permalink:
http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90119626
Caspar David Friedrich an Caroline Friedrich, 27. Juli 1822 (SLUB)
Dresden d 27t Juli 1822
Liebe Liena
Da ziehen sie hin in Schaaren, Alt und Jung,
Kinder und Greise. Krumme und Lahme um zu
sehen wenn der große Vogel aufgerichtet wird.
Es ist leichter einen Menschen aus seiner Wohnung
zu locken als einen Hund hinter den Ofen hervor.
Diesen Morgen ging ich mit deinem Bruder über
die Wiese so für die kommende Woche ein Sammel-
platz der Freude – der Gemeinheit – und aller
Ausschweiffungen sein wird.
Gestern Mittags zwischen 11 und 12 Uhr hatten
wir ein sehr starkes Gewitter mit heftigen und
etwas anhaltenden Regen hier, und soll auch
der Blitz längst des Ableithers des Schloßthurms
gefahren sein auch einen Mann in Neustadt
so zum Femster hinaus gesehen in etwas gelähmt
haben. Vorgestern Abend hat dein Bruder Fritz
nach dem Gewitter an zwei Orten in der Ferne
Feuer gesehen. Heute früh brachte die Döringen
die Nachricht daß nach Aussage eines Schiffers bei o/ in
Meißen ein furchtbares Wetter gehaußt haben soll
und die Schlosen[1], wie sie zeichte, 1 Ell hoch gelegen
haben sollen und kein Fenster ganz gebliben.
diese Nachricht beunruhigt mich aber nicht, denn
die Döhringen hat mir ja die Erzehlung <gemacht>.
[2. Seite]
Ein Besuch hat mich im Schreiben unterbrochen, und wehrend
dessen ist die Menge von dem nunmehr erhöhten Vogel
wie es schien befriedigt wieder heim gegangen.
Meine frühere Absicht war dich schon als gestern ab-
zuholen, aber dein letzter Brief bestimmte mich dich
noch 8 Tage in Meißen zu lassen, und wie ich glaube
nicht zu deiner Unzufriedenheit. Wie ist es aber mit
Dir, bist du nach acht Tagen bereitwillig zurück zu
kehren?
Wie ist es? eben kommt eine Frau und bringt einen
Gruß von der Frau Lanzen vom Schuhlguthe, so viel von
uns erhielte, und bittet, ihr doch einen Groschen zu
Brechweine zu geben (nehmlich die Frau, so eben da war
wollte den Groschen. ––
Du wirst deine Freude haben über die Tauben
wie du dich auch freuen wirst und wundern w[...]
dir sage daß der eine Feigenbaum zwei klei[...]
trägt, daß sie aber zur Reife kommen sollten [...]
zweifle ich wenn sie gleich sehr gesund aussehen.
Die Zwiefel ist über eine Ell hoh und trägt
jetzt Saamen. Das Brasilikum [durchgestrichen: blüh] blüht.
Die Lorchen ist mit ihren Kindern seit einigen
Tagen schon in Glaßhütte und Fritz wird morgen die Luise
dahin begleiten. –– Dein Bruder Heinrich hat sich
bloß dem Herrn gezeigt und empfohlen, entschieden
ist und kann noch nichts seyn.
[3. Seite]
Schon wieder von einen großen Besuch unter brochen der
der eine leise Hoffnung hinterlassen vielleicht mein
großes Bild zu verkaufen. –––
Gott sei mit dir und in allem was du thust
gedenke an ihn. und wenn ich komme dich
abzuholen so komme mir gesund und mit heitrem
frohem Gesichte entgegen; vorher aber erwarte
ich noch einen Brief von Dir.
Grüße die Emma, Kerstings und die Tante
ich werde schließen müßen den der Brief muß
[...]uf die Post.
Dein
F
[...]S
[...] die Luise nicht mit fährt so könnte Kersting
[...]cht mit nach Dresden kommen.
nheute
mheute
m
nach
nm
[1] Schloßen sind Hagelkörner (DWDS), www.dwds.de/wb/schlo%C3%9Fen
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: Mscr.Dresd.t,1102
Permalink:
Caspar David Friedrich an Caroline Friedrich, 29.-30. Juli 1822 (SLUB)
Dresden 29t Juli 1822
Liebe Liene!
Für dieses mal nur wenige Worte; denn
es ist schon Abend und ich bin schon abgemattet.
Du wirst wohl thun wenn du Dich auf den Frei-
tag in Bereithschaft hälst zurück zu reisen. Denke nur
dann werden es vier Wochen daß Kersting's dich
freundlich und liebevoll, vielleicht mit hinten ab
setzung mancher Bequemlichkeit bewirthet. Du
denkst zu billig als daß es dir nicht selber sollte
Einleuchten daß es endlich mal Zeit wehre Kerstings
Wohnung zu räumen damit Auch sie in ihre alte
Ordnung wieder kommen. Ich meines theils wünsch[...]
es von ganzem Herzen und sehne recht d<ich>[...]
wieder bei mir zu haben.
den 30t. Sollte ich mich verrechnet haben mit meinem
Bilde und einen Tag später fertig werden mithin
also statt am Freitag erst am Sonenbend dich abholen
so lasse es dich nicht wurdern.
Dein Bruder ist wieder zurück von Glaßhütte,
alle lassen grüßen und befinden sich wohl.
Ich bin durch einen Besuch sehr abgehalten worden
dass meine Zeit sehr beschrenkt.
Leb wohl auf Wiedersehen
Dein
F
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Handschriftensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: Mscr.Dresd.t,1103
Permalink: