Promotionsprogramm zur wissenschaftlichen Qualifizierung von Nachwuchskräften in der Fachdidaktik an den Universitäten des Landes MV

Allgemeine Informationen

Strategisches Ziel des Programms ist die fachdidaktische Weiterqualifizierung von Lehrkräften des Landes, um die Entwicklung und Beforschung innovativer Unterrichtskonzepte zu unterstützen und fachdidaktisches Wissen in den Lehrkörper zu multiplizieren.

Desweiteren wird durch das Projekt ein Beitrag zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung in den Fachdidaktiken geleistet. Die im Rahmen des Projekts erstellten Qualifikationsarbeiten sollen einen mediendidaktischen Schwerpunkt aufweisen und direkt oder indirekt für Inhalt, Aufbau oder die Weiterentwicklung des Unterrichtshilfenportals M-V bedeutsam sein.

In der Englischdidaktik der Universität Greifswald wurde das laufende Promotionsprojekt von Karoline Thorbecke in das Förderprogramm aufgenommen (siehe rechte Spalte).

Kritische Fremdsprachendidaktik und Influencer-Videos. Eine rekonstruktive Annäherung an das Zielkonstrukt der critical literacy

Critical Literacy beschreibt die Kompetenz, Texte auf ihren verschiedenen Bedeutungsebenen hinsichtlich ihrer Perspektivierung und ihrer Absicht kritisch zu verstehen, sowie Texte zu hinterfragen und produktiv mit ihnen umgehen zu können (Vgl. Elsner/Viebrock 2013, S. 28).

Auch wenn die Relevanz dieser komplexen Kompetenz in Zeiten der fake realities und Informationsüberfluss offensichtlich wird, ist bisher nicht geklärt, welche konkreten Voraussetzungen bestehen müssen, damit critical literacy überhaupt einsetzen kann. Oft wird zwar auf die Bedeutsamkeit von Sprachreflexionsprozessen abgehoben (Plikat 2017) und es gibt einige wenige Studien, die sich mit der Wirksamkeit spezifischer Settings zur Förderung von Sprachbewusstheit im Kontext der critical literacy beschäftigen (Abednia/Crookes 2018, S. 16 f.). Die grundlegendere Frage, welche Momente in der unterrichtlichen Interaktion zu welcher Art von Reflexionsprozessen führen und in welchem Verhältnis diese zum Zielkonstrukt critical literacy stehen, bedarf allerdings noch der empirischen Klärung.

Deshalb versucht mein Dissertationsprojekt im Rahmen einer explorativen Fallstudie aus den videographierten Interaktionsprozessen im Englischunterricht einer 10. Klasse interaktionale Reflexions- und etwaige Transformationsprozesse hin zu einer critical literacy zu rekonstruieren. Die dokumentarische Methode bietet dabei den Vorteil, dass sie nicht nur explizite und implizite Reflexionsprozesse, sondern auch Irritationsmomente als eine mögliche Voraussetzung für Bildungsvorhalte (Bähr et al. 2019) rekonstruierbar macht.

Bei der Suche nach einer geeigneten Inszenierungsform fiel die Wahl auf einen produktiv-transformatorischen Umgang mit Influencer-Videos auf YouTube, in denen Privatpersonen ihre Einkäufe präsentieren, da der kreative Umgang mit multimodalen Texten als Darstellungsweise von Kritik – hier in Form einer Video-Parodie – geeignet für die Förderung von critical literacy erscheint (Gerlach/Lüke 2020) und Influencer-Videos außerdem eine nachhaltigkeitsbezogene Relevanz haben.

Forschungsfragen:

1. Was geschieht, wenn 10-Klässler*innen auf Englisch eine konsumkritische Parodie eines Influencer-Videos erstellen sollen?

2a. An welchen Stellen im Diskurs ergeben sich dabei Chancen für kritische (Sprach)reflexion und/oder Irritationsmomente?

2b. Welche Umgangsweisen zeigen sich mit Irritationsmomenten und welche Rolle spielt dabei die kritische (Sprach)reflexion?

Literatur:

  • Abednia/Crookes (2018): Critical literacy as a pedagogical goal in English language teaching. In: Second Language Studies 37(1), S. 1-33.
  • Bähr/Gebhard/Krieger/Lübke/Pfeiffer/Regenbrecht/Sabisch/Sting (Hgg.) (2019): Irritation als Chance. Bildung fachdidaktisch denken. Wiesbaden.
  • Elsner/Viebrock (2013): Developing Multiliteracies in the 21st Century. In: Elsner/Viebrock (Hgg.): Films, Graphic Novels & Visuals. Wien, S. 17-31.
  • Gerlach/Lüke (2020): Jenseits von Fake News. In: Praxis Fremdsprachenunterricht (4/2020), S. 14-16.
  • Plikat (2017): Fremdsprachliche Diskursbewusstheit als Zielkonstrukt des Fremdsprachenunterrichts. Frankfurt a.M.